Wir begegnen uns morgens im Hotel. Ich weiß nicht, wie alt er genau ist – aber bestimmt im Rentenalter. Doch obwohl er es sich bestimmt schon vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter hätte leisten können, sich an einem schönen Ort zur Ruhe zu setzen, denkt dieser Mann im Traum nicht an den Ruhestand. Und dann fängt er an, mir von seinen aktuellen Projekten zu erzählen. Welche Innovationen er gerade auf den Markt bringt, wie er damit das Leben vieler Menschen verbessern möchte und was die nächsten strategischen Schritte sind. Und: Seine Augen leuchten, während er mir das alles erzählt.
Nach einigen Minuten müssen wir beide weiter. Ich setze mich ins Auto und fahre los. An einer Kreuzung blickt mir eine wunderschöne, junge Frau vom Werbeplakat entgegen. Sie könnte die Tochter oder wohl eher die Enkelin meines vorherigen Gesprächspartners sein. Vermutlich ist sie erfolgreich. Allein für dieses Foto hat sie (hoffentlich) viel Geld bekommen. Aber etwas fehlt: Ihr Blick ist leer. Er hat nichts von dem Leuchten, das ich einige Minuten zuvor in den Augen meines Gesprächspartner erleben durfte.
Zufall? Wir alle haben bestimmt schon Männer und Frauen mit leuchtenden Augen erlebt.
Sind leuchtende Augen etwas, das dem einen geschenkt wird und dem anderen nicht?
Ja, es gibt Menschen, die aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls ein Handicap an ihren Augen haben. Diese schmerzhaften Schicksale sind jedoch eher die Ausnahme. Leere Blicke gibt es aber zuhauf. Deshalb habe ich weitergedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass bei den meisten Menschen etwas darüber entscheidet, ob die Augen leuchten oder nicht, das wir zu einem großen Teil selbst beeinflussen können.
In einem Sprichwort heißt es, „Augen sind die Fenster zur Seele“. Ich denke, darin ist viel Weisheit enthalten. Unsere Augen verraten Freude und Trauer. Sie verraten darüber hinaus aber auch, wie wir bisher mit unserer Seele umgegangen sind. Womit wir unsere Zeit verbracht haben, welche Entscheidungen wir getroffen haben und wie konsequent wir diese Entscheidungen durchgezogenen haben.
Menschen, die in ihrem Leben Dinge erfolgreich durchgezogen haben, haben in Ihrem Blick oft etwas Festes, manchmal sogar etwas Durchdringendes.
Menschen die Schweres durchlebt haben, ohne dabei bitter zu werden, haben in ihrem Blick oft etwas angenehm Sanftes und gleichzeitig Kraftvolles.
Menschen, die sich die Mühe gemacht haben, Zusammenhänge wirklich zu durchdenken – sei es in der Wirtschaft, in der Politik, im Persönlichen oder auch im Geistlichen – haben in Ihrem Blick oft eine große Klarheit.
Und Menschen, die sich immer wieder auf neue Gedanken, Menschen und Projekte einlassen, die sich darin üben, aus ihren gewohnten Bahnen auszubrechen und die die zuletzt genannten Punkte in sich vereinen, haben in Ihren Augen oft dieses Leuchten.
Augen werden durch das Leben geformt! Und da ich mit 70´ auch einmal leuchtende Augen haben möchte, ist das für mich eine wichtige Erkenntnis. Ich frage mich, was das für mein Leben hier und heute bedeutet.
Könnte es tatsächlich sein, dass die Entscheidung, heute aus Überzeugung einen schwereren Weg zu gehen, tatsächlich den Zustand meiner Seele und damit den Ausdruck meiner Augen beeinflusst?
Wenn das so ist, dann ist entgegen vieler Ratgeber eben doch nicht der (kurzfristige) sichtbare Erfolg entscheidend.
Wenn das so ist, dann gibt es einen konkret messbaren Grund dafür, ethisch korrekte Entscheidungen zu treffen und dabei auf den eigenen Vorteil zu verzichten: Der Zustand unserer Seele und damit das Leuchten in unseren Augen.
Ich wünsche Ihnen einen klaren Blick dafür, was das in Ihren konkreten Herausforderungen bedeutet.