Wenn man eine Führungsrolle bekommt, dann sagt das erst mal noch ziemlich wenig darüber aus, ob man tatsächlich auch führen kann. Menschen wollen sehen, dass die Person in der Führungsposition auch wirklich eine Führungspersönlichkeit ist. Das Wechselspiel zwischen „führen“ und „Führungspersönlichkeit“ ist eine interessante Dynamik:
Eine „Führungspersönlichkeit“ zeichnet sich dadurch aus, dass sie tatsächlich „führt“. Praktisch kann aber nur „führen“, wer die Autorität einer „Führungspersönlichkeit“ hat. Wir müssen also in eine positive Führungsdynamik kommen, um führen zu können, sonst wird jemand anders die Führung übernehmen.
Die wirkliche Führungspersönlichkeit
John Maxwell erzählt in seinem Buch „Leadership: Die 21 wichtigsten Führungsprinzipien“ folgende Geschichte:
Ich ging davon aus, dass ich ja als Leiter berufen worden war und jeder mir deswegen folgen würde. Mit dem gesamten Wissen meiner gut zwanzigjährigen Lebenserfahrung begann ich also nach den aktuellen Anliegen zu fragen. In der entstehenden Pause schaute ich alle kurz an, und schon räusperte sich ein Mann in den Sechzigern namens Claude und sagte: „Ich hab da was.“ „Nur heraus damit, Claude“, ermutigte ich ihn. „Also, mir fiel letztens beim Gottesdienst auf, dass das Klavier etwas verstimmt klingt“, sagte er. „Ja, das hab’ ich auch bemerkt“, schloss sich ein Zweiter an. „Ich stelle den Antrag“, fuhr Claude fort, „dass wir einen Klavierstimmer aus Louisville holen lassen und das in Ordnung bringen.“ „Ja, gute Idee“, hörte man rund um den Tisch. „Ich stimme zu“, sagte Benny, der neben Claude saß. „Wunderbar“, meinte ich. „Hat noch jemand eine Sache?“ „Jawoll“, antwortete Claude. „Vor kurzem entdeckte ich, dass eine Glasscheibe in einem der Gruppenräume beschädigt ist. Auf meinem Hof hab’ ich eine Scheibe, die passen würde. Benny, du bist doch ein guter Glaser. Kannste das machen?“ „Na klar“, antwortete Benny, „das mach’ ich gerne.“ „Gut“, setzte Claude fort. „Noch eine Sache – der Gemeindeausflug. Ich dachte, dass wir den dieses Jahr unten am See machen sollten. Das wär’ doch für die Kinder am besten.“ „O ja, prima. Eine super Idee!“, stimmten alle zu. „Machen wir’s offiziell“, schlug Benny vor. Als alle nickten, warteten wir, ob Claude noch etwas sagen würde. „Ich hab’ nichts mehr“, meinte Claude. „Pastor, Sie können jetzt mit Gebet schließen.“ Und das tat ich dann auch.
Wer hat in dieser Situation geführt?
… es war nicht der eingesetzte Leiter.
Was können wir tun, um zu einer wirklichen Führungspersönlichkeit zu werden?
Tatsächlich gibt es in jeder Organisation so einen „Claude“. Als junge bzw. neue Führungskraft tuen wir gut daran, diese Person zu identifizieren und sich mit ihr zu verbünden. Sonst verspielen wir eine Menge unnötiger Energie und werden dem eigen Zuwachs an Führungsautorität im Wege stehen. Wir können aber nicht nur von der Autorität bestehender Führungspersönlichkeiten profitieren – wir können auch aktiv daran arbeiten, eigene Führungsautorität aufzubauen. Das geschieht durch:
Charakter: Wer ein Leben voller Integrität, Durchhaltevermögen, Hingabe an eine Sache und wirklichem Interesse an Menschen führt, dem vertrauen die Menschen schneller. Menschen spüren erstaunlich gut was sich hinter der Fassade verbirgt.
Beziehungen: Wer Freundschaften pflegt und anderen aufgeschlossen begegnet, bekommt mehr gehör – auch bei Menschen außerhalb des direkten Freundeskreises.
Information: Wer Bescheid weiß, dem hört man gerne zu. Wenn eine Führungskraft im Gegenzug keine Ahnung davon hat, was in der Organisation, in der Branche, etc. abläuft, dann werden die Leute ihr auch nicht folgen.
Erfahrung: Wer einen Weg schon mal bewältigt hat, dem trauen die Menschen zu, dass er es noch einmal kann. So ist es im übertragenen Sinn auch bei unternehmerischen Herausforderungen.
Seniorität: Wer lange genug in einer Organisation bleibt, der hat automatisch schon etwas mehr Gehör als andere.
Bist du eine wirkliche Führungspersönlichkeit?
Wie reagieren die Menschen, wenn du mit ihnen redest?
Krempeln sie die Ärmel hoch und beginnen mit der Arbeit oder gehen sie zum nächsten Thema über bzw. hören sie, was andere zu sagen haben, um dann deren Ideen umzusetzen?
Dieser Artikel gehört zu einer Blog-Serie in der ich mich mit dem Buch Leadership: Die 21 wichtigsten Führungsprinzipien von John C. Maxwell beschäftige.